Hitze am Arbeitsplatz: Welche rechtlichen Grundlagen bestehen?
Veröffentlicht: Montag, 18.07.2022 18:09
Die ersten Hitzetage stehen uns bevor und es werden auf lange Sicht bestimmt nicht die letzten sein. Nicht nur zuhause sondern auch auf der Arbeit steigen die Temperaturen. Wir haben unseren Rechtsexperten Arndt Kempgens gefragt, welche Recht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Hitze haben.
Eine Runde Eis oder Kaltgetränke. Manche Chefinnen und Chefs lassen sich im Sommer für die Belegschaft immer etwas einfallen, wenn im Büro die Temperatur immer höher steigt. So wird es nun auch wieder kommen, wenn die Hitzeperiode Deutschland trifft. Doch was sind die rechtlichen Grundlagen, die bestehen, wenn es zu warm oder heiß im Büro ist? Das haben wir Rechtsanwalt Arndt Kempgens gefragt.
Drei Hitzestufen, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber beachten müssen
Im Grunde genommen gibt es im deutschen Arbeitsrecht drei Hitzestufen. Die erste beginnt ab 26 Grad Raumtemperatur in den Büros. Hier gibt es dann eine erste Anforderung. "Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollen für Abkühlung sorgen, beispielsweise durch Getränke, natürlich aber auch durch die Lockerung der Kleidungsregeln, dass man beispielsweise ohne Krawatte im Büro sitzen darf oder auch in einer Bank und dergleichen", erklärt Rechtsanwalt Kempgens. Mit 30 Grad wird aus dem 'sollen' ein 'müssen'. Es muss für Abkühlung gesorgt werden, egal in was für einer Form, ob Sonnenschutz, Kaltgetränke oder Frischluft.
Mit Überschreitung von 35 Grad Lufttemperatur - also ab 36 Grad - ist laut Kempgens in aller Regel Schluss. "Da gilt ein Innenraum oder Arbeitsplatz nicht mehr als arbeitsfähig. Es könnte nur eine Art Luftdusche helfen, die aber niemand hat und was im Büro eher sowieso nicht geht", sagt Kempgens. Das bedeutet aber nicht, dass man dann "einfach den Stift fallen lässt und nach Hause geht. Das ist nicht zulässig", mahnt er. Dies könnte zu einer Abmahnung oder gar Kündigung führen. Seine einfache und simple Empfehlung: Das Gespräch mit Chef oder Chefin suchen: "Man kann beispielsweise sagen, 'die Temperaturen sind zu hoch, es muss etwas getan werden'. Und nur wenn der Chef oder die Chefin dann nicht reagieren, kann man theoretisch seine Arbeit niederlegen und nach Hause gehen, wo es weniger heiß ist, wo es kühler ist und bekommt trotzdem Lohn und Gehalt weiter."
Schutzvorschrift hilft der arbeitenden Bevölkerung
Das Ganze kommt übrigens aus einer gesetzlichen Regelung. Es gibt quasi eine Art "Schutzvorschrift, nach der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eben den bei den Mitarbeitenden dafür sorgen müssen, dass sie bestmöglich geschützt sind", so der Experte. Dazu gehören eben entsprechende Maßnahmen bei hohen Temperaturen.
Was ist mit Berufen, die nicht zum "Büro-Sektor gehören?"
Ganz so einfach ist es in diesen Berufsgruppen, wie zum Beispiel beim Dachdecker, dem Paketboten, dem Friseur oder LKW-Fahrern nicht. "Die Vorschriften gibt es in der Form nicht", sagt Kempgens und erläutert, dass keine Höchst-Temperatur-Anzeige bestimmt, ob noch gearbeitet wird oder nicht.
Trotz alledem gilt aber auch hier eine Grundvorschrift, die Arbeitgeberin und Arbeitgeber befolgen müssen. "Sie müssen Schutzmaßnahmen ergreifen, sodass niemand der Hitze völlig ausgesetzt wird. Das bedeutet, dass keine besonderen Vorkommnisse passieren dürfen, wie beispielsweise dass jemand einen Hitzeschlag erleidet oder dass der Kreislauf durcheinandergebracht wird."
Regeln zur Temperatur gebe es nicht. Für Kempgens geht es eher darum, was zumutbar sei und was nicht. "Die Zumutbarkeit hängt von der Tätigkeit selbst und von der körperlichen Belastung ab." Bevor man die Arbeit einfach so niederlege, müsse auch in diesem Bereich erst einmal zwingend der Kontakt zu Chefin oder Chef gesucht werden, sodass eine einvernehmliche Regelung erzielt werden kann. "Arbeitgeber sind grundsätzlich dazu verpflichtet, sich das anzuhören und Schutzmaßnahmen zu ergreifen", so der Rechtsanwalt.
Im Homeoffice selber auf entsprechenden Schutz achten
Auch im Homeoffice muss auf die Temperatur geachtet werden - selbstverständlich ist ein jeder selbst dafür verantwortlich. Egal ob man die Fenster öffnet, einen Sonnenschutz hat oder aber sich anderweitig abkühlen kann: Es muss dafür gesorgt werden.
Aber Arndt Kempgens fügt hinzu, dass auch zuhause ab 35 Grad das Arbeiten eingestellt werden sollte: "Wenn man alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Temperatur runter zu kriegen und es funktioniert einfach nicht, muss man auch mit dem Chef oder der Chefin Kontakt aufnehmen und das Problem besprechen. Vielleicht kann man die Arbeitszeiten dann auch verschieben." Grundsätzlich gilt der Arbeitsschutz auch im Homeoffice, einfach die Arbeit beenden, weil zuhause 35 Grad plus herrschen, gingen aber selbstverständlich auch nicht, so Kempgens.
Autor: Joachim Schultheis